Ein
Augenzeuge des Attentates von Sarajewo 1914 lebte nach 1945 in Kaufbeuren
© Ernst T. Mader
Ein
Augenzeuge des Attentats von Sarajewo 1914 auf das österreichische
Thronfolgerpaar Franz Ferdinand und seine Frau Sophie lebte nach 1945 in
Kaufbeuren: Anton Pasler kam 1910 aus seiner sudetendeutschen Heimat als
Beamter der österreichisch-ungarischen Militärpost nach Sarajewo. Am 28. Juni
1914 stand der Dreißigjährige vor dem Militärpostamt, einem eingeplanten Halt
der erzherzoglichen Kolonne. Der Präsident der Militärpost, berichtet Pasler
später einem Reporter des „Allgäuer“, begrüßte das Paar und überreichte ihm ein
Telegramm der erzherzoglichen Kinder. Die Wagen fuhren weiter. Dann, so Pasler,
erreichte ihn aus dem dritten Stock des Postamts die Meldung, eine Bombe sei
auf das Habsburger-Auto geworfen worden. Er lief zur allgemein bekannten
Fahrtroute, die der Chauffeur des Thronfolgers trotz des Attentatsversuchs
irrtümlich beibehielt und auf der die Kolonne – nach einem kurzen Empfang im
Rathaus - bald vorbeikam. Offensichtlich war der hohe Besuch unverletzt (dass
die Bombe andere zum Teil schwer verwundet hatte, wusste Pasler zu diesem
Zeitpunkt nicht). Pasler sieht, wie das Auto mit dem Thronfolgerpaar kurz hält:
„Ich stand etwa vierzig Meter davon entfernt und sah selbst, wie der Attentäter
Princip vom Gehsteig neben dem Auto aus seine zwei Schüsse abgab. Er traf den
Erzherzog in die Halsschlagader und die Erzherzogin in die rechte Seite des
Leibes. Als der Wagen schon auf die Brücke (Lateinerbrücke) einfuhr, sank der
Kopf des Erzherzogs nach hinten, der Generalshut fiel in den Wagen.“ Vom
Chauffeur will Anton Pasler später die letzten Worte Franz Ferdinands erfahren
haben. Sie galten seiner Frau: „Du musst für unsere Kinder weiterleben.“
Minuten danach war das Paar tot.
Kurz
darauf, so Pasler, habe ein Unbekannter bei einem Kollegen ein Telegramm an
einen serbischen Major in Belgrad aufgegeben: „Beide Pferde gut verkauft.“ Das
Telegramm ist verbürgt.
Tags darauf
seien serbische Geschäfte in Sarajewo, wo nach der Erinnerung des ungebrochen
habsburgtreuen Pensionisten viele Völker bis dahin „ausgezeichnet“
zusammengelebt hatten, „der Volkswut preisgegeben worden“.
Anton
Pasler blieb noch bis 1921 als Postbeamter in Sarajewo, seit 1918 Teil des
Königreiches Jugoslawien. Dann ging er in das nun tschechische Sudetenland
zurück. Nach dem zweiten Weltkrieg lebte er bei Schwiegersohn und Tochter in
Kaufbeuren.
PS: Von
1918 bis 1995 war die vormalige und heutige Lateinerbrücke in Sarajewo nach dem
Attentäter Gavrilo Princip benannt, der am 28. April 1918 als Häftling in
Theresienstadt (Tschechien, 1941 bis 1945 Ghetto und KZ) starb.
Der Beitrag erschien am 30. Juni 2014 in der Allgäuer Zeitung.
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